Wir Juvalieren

(Kommentare: 3)

Neulich in Reinhold's Wohnzimmer

Wohnzimmerblicke

Ein Mann hat Geld, viel Geld. Deshalb kauft er sich ein Anwesen. Es ist ein großes Anwesen. Ziemlich renovierungsbedürftig. Mit viel Hingabe beginnt er die Arbeit an seiner neuen Immobilie. Er fängt an, lässt Mauern erneuern, Stromleitungen und neue Böden verlegen, alte Dielen sandstrahlen u.v.m.. Auf eine Heizung verzichtet er vorsichtshalber. Da er viel reist braucht er viel Platz für seine Reiseandenken. Seine Bibliothek ist nicht von schlechten Eltern. Deshalb bekommt sie im Wohnhaus einen besonders schönen Platz zugewiesen. Im Keller türmt sich ein Ausrüstungsberg. Kletter- und Bergschuhe, Eispickel, Zelte, Pulkas, GPS-Geräte, noch mehr Schuhe, Schlafsäcke und so weiter und so fort. Eines Tages, der Mann wohnt inzwischen mit seiner Familie in dieser seiner Sommerresidenz, fällt ihm auf, dass hier oben auf dem Felsen 400 Höhenmeter über dem Etsch-Talgrund niemand seine Reiseandenken bewundern kann. Da ist guter Rat teuer! Oder doch nicht? Warum baue ich nicht noch ein bißchen weiter? Fragt sich der Mann. Dann kann ich mehr Gäste empfangen und mehr mit meinem Besitz protzen. Gesagt, getan! Er beginnt die restliche alte Ruine (hab ich schon erwähnt, dass es sich um ein Schloss handelt?) mitsamt dem Bergfried ebenfalls herzurichten. Dazu beauftragt er einen deutschen Architekten, der ein Glassatteldach auf die Ruinenreste setzt. Wahrlich ein architektonischer Paukenschlag! Quasi das i-Tüpfelchen. Jetzt ist alles gut denkt der Mann. Meine Gäste können am neu erstellten Hubschrauberlandeplatz landen um mit mir meine Reiseandenken zu bewundern. Wir können gemeinsam an meiner neuen, alten, kastanienhölzernen Klostertafel speisen (wie und in welcher Form im Anwesen gekocht wird kann ich leider nicht berichten) und am Ende hören wir im Maskensaal ein Klavierkonzert oder meditieren in der sonnigen Gruft unter dem Glasdach. Doch halt! Immer noch spürt der Mann eine innere Unruhe. Was bringt Erlösung, was Erleichterung? Der Dämon Unzufriedenheit will sich so schnell nicht vertreiben lassen, Ying und Yang sind noch nicht im Gleichgewicht. Der Mann kann sein Haben, seinen Besitz noch nicht in der Form genießen wie er es sich immer gewünscht hat. Nach all den Bergen die er in der letzten Dekaden bestiegen hat, nach all dem Pulka ziehen durch die entlegensten Gegenden dieser Welt, erfährt seine Seele Läuterung. Der Mann macht seine Läuterung öffentlich, lässt sich meditierend vor seiner Lieblingsstatue, dem Yogi Milarepa ablichten. Insgeheim zieht er Parallelen zum Leben seines Lieblingsyogis, streift diffus aber doch wahrnehmbar seine ursprüngliche Herkunft ab und wandelt sich zum übersinnlichen Botschafter all der aufgetürmten Steine die wir Unwissende nur als Berge sehen. Gleich der Installation eines Herrenwesens vor dem Hintergrund des friedlich, weise lächelden Yogis inszeniert sich der Mann als Guru, nein als Bergguru. Allwissend erkennt er, dass sein Schloß ein heiliger Ort ist. Es gleicht dem Sitz der Götter auf dem Olymp, mehr noch, er bemüht den Vergleich mit dem Kailash, stellt seine Residenz in Reihe mit den großen heiligen Bergen der Welt. Seither dürfen wir durch sein Schloss wandelnd an seinen exponierten Schuhen riechen, seine Marmeladenvorräte bewundern, unter seiner Glaskuppel meditieren und toll finden, dass er seine Reiseandenken aus aller Herren Länder uns zugänglich gemacht hat. Aber nur gegen den Uhrzeiger, gell? Danke Reinhold!

 

 

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Kommentare

Kommentar von Anne |

Du bist und bleibst ein alter Neidhammel, Albert.

Kommentar von |

Zumindest schreibt er selber, der Neidhammel?

Kommentar von |

Man kann dem Messner sicher etliches vorwerfen…in einem aber ist er einsame
Spitze und war es immer:in der Fähigkeit zu kommerziellen Selbstvermarktung.

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